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Grundrechte-Report 1998

Zur Lage der Bürger- und Menschenrechte in Deutschland

hrsg. von Till Müller-Heidelberg, Ulrich Finckh, Wolf-Dieter Narr, Marei Pelzer
Redaktion: Paul Ciupke, Norbert Reichling, Jürgen Seifert, Stefan Soost und Eckart Spoo
Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg, Juni 1998, ISBN 3-499-22337-6, 320 Seiten, 14.90 DM
 

Vorwort

Grundrechte Report 1998, S. 13-14

1998 wird ein Jahr der Erinnerung an Menschenrechte werden. Vor 150 Jahren forderte das Paulskirchenparlament Demokratie und Bürgerrechte. Vor 80 Jahren wurde für Deutschland die Republik ausgerufen, die in der Weimarer Reichsverfassung die Rechte der Bürgerinnen und Bürger garantierte. Und vor 50 Jahren beschlossen die Vereinten Nationen die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. Solche Daten sind Anlaß zur Erinnerung und zur Besinnung. Sie erinnern aber auch an die Niederlagen: Die demokratische Bewegung von 1848 wurde von preußischem Militär zunächst niederkartätscht, und die Verfassungszusagen der Fürsten blieben unerfüllt. Die Weimarer Republik wurde vom direkt gewählten Reichspräsidenten mit Notverordnungen und vom ebenso demokratisch gewählten Reichstag mit dem berüchtigten Ermächtigungsgesetz legal in eine Diktatur verkehrt, die alle Menschenrechte mit Füßen trat. Auch die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte und die darauf basierenden Menschenrechtspakte sind noch lange nicht Allgemeingut und erst recht nicht praktiziertes Recht der Vereinten Nationen und ihrer Mitgliedsstaaten. Wir verkennen damit die Fortschritte nicht, aber wir sehen auch, daß die Menschenrechte von der jeweiligen staatlichen Gewalt am meisten gefährdet werden.

Es ist und bleibt unerläßlich, die Grundrechte der Menschen zu schützen. Deshalb beobachten unsere Bürgerrechtsorganisationen das Handeln der staatlichen Gewalten und überprüfen es am Grundgesetz. In kurzen Beiträgen werden konkrete Fälle, Entwicklungen oder Strukturen angesprochen, die nach den Artikeln des Grundgesetzes als Verstoß gegen Geist und Buchstaben der Verfassung zu werten sind. Dabei spiegeln die bisweilen unterschiedlichen Blickwinkel der Texte zugleich ein breites Spektrum der deutschen Bürgerrechtsbewegung wider. Alle Texte zusammen machen deutlich, wie es um die Freiheit in unserem politischen Gemeinwesen bestellt ist, wo sie bedroht ist, wo sie entwickelt werden muß - aber auch, wo sie sich behaupten konnte. Dabei bleibt es im Kern bei der Aussage des letztjährigen Grundrechte-Reports: Grundrechte und freiheitliche Demokratie werden weniger von Bürgern und ihren Organisationen gefährdet als vom Staat und seinen Behörden. Viele Gefährdungen gehen von öffentlichen Institutionen aus, und der Schutz der Verfassung muß durch die Bürgerinnen und Bürger, durch uns selbst geleistet werden. Es lohnt sich, Grundrechte, Rechtsstaat und Verfassung zu verteidigen.

Wie bei einem Report üblich, konzentriert sich auch dieser auf einen bestimmten Zeitraum: im wesentlichen auf die Entwicklungen im Jahr 1997. Durch seine Gliederung nach den Artikeln des Grundgesetzes läßt er sich zugleich als Übersichtsband wie auch als Nachschlagewerk nutzen.